Geschlechtsspezifische Unterschiede / Gender Medicine (von Univ.-Prof. Dr. Andrea Podczeck-Schweighofer)
Die Anzahl der an Typ-II-Diabetes Erkrankten steigt weiter an – weltweit und auch in Österreich. Die für Österreich genannte Zahl wird immer wieder mit ca. 600.000 Betroffenen angegeben. Bekanntlich sind kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt und Insult die häufigsten Todesursachen bei PatientInnen mit Typ 2 Diabetes mellitus (T2DM). Die Gender Medicine Unit an einer österreichischen Universität beschäftigt sich ganz besonders mit Diabetes und diesbezüglichen geschlechtsrelevanten Unterschieden, ein Review darüber analysiert die vielfachen Aspekte.
Bezüglich geschlechtsspezifischer Unterschiede zwischen Diabetikerinnen und Diabetikern wird die Rolle der Sexualhormone, geschlechtsspezifischer Gen-Expression, aber auch die Rolle von Co-Morbiditäten betrachtet. Wird bei männlichen Patienten T2DM diagnostiziert, kann der BMI normal oder nur gering erhöht sein, bei weiblichen Patientinnen liegt eine stärkere Assoziation zwischen Übergewicht/Adipositas und Typ-II-Diabetes Entwicklung vor. Das Vorliegen eines höheren Testosteron-Spiegels birgt ein etwa 60%-ig erhöhtes T2DM-Risiko für Frauen, reduziert andererseits bei Männern das Risiko für T2DM um über 40%. Das Polycystische Ovarialsyndrom mit erhöhtem Testosteronspiegel weist ja ebenfalls eine erhöhte T2DM-Entwicklung auf.
Zahlreiche Untersuchungen beschäftigen sich mit der Rolle von Hormonen wie Adipokinen. So zeigen Frauen und Männer Unterschiede im Spiegel von Leptin oder Adiponectin als mitverantwortliche Faktoren für die Entstehung des metabolischen Syndroms. Die Entwicklung eines Gestationsdiabetes manifestiert sich ebenfalls häufiger bei übergewichtigen Frauen. Der Gestationsdiabetes wiederrum ist ein starker Risikofaktor für die spätere Manifestation eines T2DM.
Auch psychosoziale Faktoren spielen eine große Rolle
In die Analyse von (potentiellen) Geschlechtsunterschieden bei T2DM gehen aber auch Faktoren wie psychosoziale Bedingungen ein. Ein niedriger Ausbildungsgrad, in der Folge der Beruf, sowie niedriges Einkommen bedingen nicht selten einen „ungesunden“ Lebensstil mit schlechter Nahrungsmittelzufuhr, geringer körperlicher Aktivität – dies alles Basis für Entstehung von Übergewicht/Adipositas, metabolischem Syndrom mit T2DM. Diese erschwerte Lebenssituation führt bei Frauen im Vergleich zum Männern häufiger zur T2DM-Entwicklung, belegt durch mehrere Untersuchungen. Chronischer Schlafmangel als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, aber auch für die Manifestation eines T2DM, ist gesichert. Frauen aller Altersgruppen leiden um etwa 40% häufiger unter Schlafmangel als Männer.
Kardiovaskuläre Ereignisse in der Folge von T2DM sind bei Diabetikerinnen und Diabetikern die häufigsten Komplikationen. Allerdings sind Frauen mindestens 2-3-fach gefährdeter für solch ein Ereignis. Der endotheliale Schaden durch Diabetes mellitus ist bei Frauen viel dramatischer. Darüberhinaus haben Frauen mit Diabetes ein höheres prothrombotisches Fibrinprofil.
Eine Metaanalyse an herzinsuffizienten Patientinnen und Patienten zeigte eine deutliche Dominanz von weiblichen Untersuchten, sowohl der mit reduzierter als auch mit erhaltener Pumpfunktion. Insgesamt findet sich in der Mortalität (Sterblichkeit) bei DiabetikerInnen mit Kardiomyopathie kein Unterschied.
Ob sich aus den bereits erkannten und in Zukunft noch zu untersuchenden geschlechtsbedingten Unterschieden möglicherweise auch unterschiedliche Therapiestrategien im Sinne mehr personalisierter therapeutischer Ansätze ergeben, ist ebenfalls Gegenstand aktueller Forschung.
Quelle: Cardio News Austria 3-4.2021
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